Good Humor – Die Erfolgsgeschichte einer Eis-Ikone
„Nimm eine einfache Idee und nimm sie ernst.“ – Kaum ein Unternehmen hat es geschafft, mit einer so simplen, aber genialen Idee über Generationen hinweg Kultstatus zu erreichen.
Die Geburtsstunde einer Idee
Es war das Jahr 1920, und die Sommerhitze machte sich in Youngstown, Ohio, bemerkbar. Dort tüftelte der Konditor Harry Burt an einer besonderen Leckerei: Er hatte eine Schokoladenglasur entwickelt, die auf Eis sofort hart wurde und beim Hineinbeißen knackte. Ein erster Test mit Vanilleeis kam bei seiner Tochter bestens an – bis auf ein Detail: das Essen war eine einzige Sauerei. Klebrige Hände, geschmolzenes Eis, Schokolade überall.
Die Lösung war verblüffend einfach: Burt steckte das Eis auf einen Holzstiel. Damit konnte man es sauber in der Hand halten. Diese kleine Veränderung verwandelte eine gute Idee in ein massentaugliches Produkt – der erste Eisriegel am Stiel war geboren.
Namensgebung mit Stimmung
Für sein neues Produkt suchte Burt einen passenden Namen. Inspiriert vom damaligen Glauben, dass die „Humors“ (Stimmungen) des Menschen vom Essen beeinflusst würden, entschied er sich für Good Humor. Denn jeder, der sein Eis probierte, kam sprichwörtlich in gute Stimmung.
Die Erfindung des Eiswagens
Doch Burt ging noch einen Schritt weiter: Er überlegte nicht nur, wie man das Eis herstellt, sondern auch, wie man es verkauft. Anstatt auf Laufkundschaft zu hoffen, brachte er das Eis direkt zu den Menschen – und erfand damit den Eiswagen.
Seine erste Flotte bestand aus zwölf weißen Trucks, ausgestattet mit Kühltruhen und einer kleinen Glocke, die ursprünglich von einem Schlitten seines Sohnes stammte. Dieses Glockenspiel wurde schnell zum Pavlov’schen Signal: Kinder rannten begeistert aus den Häusern, und die Eltern zückten ihre Geldbörsen.
Über die Jahre verbreitete sich das Konzept rasant: Tricycles, Handwagen, ganze Flotten von Trucks – das mobile Eisgeschäft eroberte Amerika. Good Humor wurde zu einem vertrauten Klang in den Straßen, zu einer Kultur-Ikone.

Die Good Humor Men – Markenbotschafter in Weiß
Die Fahrer waren mehr als nur Verkäufer. Sie waren die Gesichter der Marke: stets in makellosen weißen Uniformen, mit kleinen Mützen, freundlich, gepflegt, höflich. Sie hielten ihre Trucks sauber und grüßten die Menschen auf der Straße. Damit wurden sie zu lebenden Markenbotschaftern – lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab.
1923 ließ sich Burt schließlich seine spezielle Schokoladenüberzugstechnik patentieren – angeblich, nachdem er die Patentbeamten mit einem Fünf-Gallonen-Eimer voller Eisriegel bestochen hatte. Auf jeden Fall hatte er damit einen rechtlichen Schutzwall geschaffen, der die Marke absicherte und den Wettbewerb erschwerte.
Wachstum trotz Hindernissen
In den folgenden Jahren expandierte Good Humor landesweit: Cleveland, Indianapolis, Chicago – überall tauchten die weißen Trucks mit den Glocken auf. Sogar die organisierte Kriminalität versuchte, in Chicago Schutzgeld zu erpressen, was Good Humor jedoch verweigerte. Zwar wurden daraufhin Trucks zerstört, aber das Unternehmen ließ sich nicht einschüchtern und wuchs unbeirrt weiter.
Der Wandel in den 1970er Jahren
Mit dem Aufstieg der modernen Supermärkte in den 1970er Jahren änderte sich das Spiel. Klimatisierte Läden, endlose Tiefkühltruhen und ein wachsendes Markenangebot machten es für die Verbraucher bequemer, Eis einfach beim Einkauf mitzunehmen.
Für Good Humor war das eine große Herausforderung: Die einst magischen Trucks wirkten plötzlich überflüssig. Hinzu kamen steigende Spritpreise und höhere Personalkosten. Die Logik des mobilen Verkaufs funktionierte wirtschaftlich nicht mehr.
In den späten 1970er Jahren entschied sich das Unternehmen zu einem radikalen Schritt: Es verkaufte die gesamte Flotte und verlagerte den Vertrieb vollständig in den Einzelhandel. Der Charme der klingelnden Trucks war verloren, doch die Marke überlebte.
Vom Straßenidyll ins Supermarktregal
Dieser Schritt stellte sich im Rückblick als Rettung heraus. Zwar dauerte es eine Weile, bis die Profitabilität zurückkehrte, aber ab 1984 schrieb Good Humor wieder schwarze Zahlen. Heute gehört die Marke zum Unilever-Konzern und ist ein fester Bestandteil der Tiefkühltruhen in Supermärkten.
Die Glocken sind verklungen, die weißen Uniformen verschwunden – doch die Mission blieb: Freude einfach zugänglich machen. Mehr als 100 Jahre nach Harry Burts genialer Idee verkaufen sich Good Humor-Eisriegel noch immer millionenfach.
Lektionen für die Eisbranche
Aus dieser Erfolgsgeschichte lassen sich bis heute wertvolle Marketing-Learnings ziehen:
- Menschen sind die Marke: Die Fahrer von Good Humor waren Vorbilder für Kundenservice und Markenpräsenz.
- Distribution ist entscheidend: Ein großartiges Produkt reicht nicht – der Weg zum Kunden ist genauso wichtig.
- Kleine Ideen haben große Wirkung: Der Holzstiel war die entscheidende Innovation, die ein klebriges Experiment in ein weltweites Erfolgsprodukt verwandelte.
Quelle: Marketing Millenials Newsletter
Bild von Sam Jotham Sutharson auf Pixabay















